The Human Factor@Work
Über die Zukunft der Arbeitskultur
Unsere Idee von der künftigen Arbeitswelt sollte mutiger sein als ein ‚New Normal‘, zugewandter als neue Abstandsregeln, engagierter als eine Laissez-Faire-Flexibilität, wirksamer als Wohlfühl-Dekorationen – und vor allem stärker auf unsere natürliche Veranlagung als Mensch ausgelegt.
„Menschen sind keine Gehirne in Bottichen,“ wie der kognitive Neurologe Prof. Dr. Colin Ellard feststellt. „Wir sind körperlich, wir sind organisch, wir fühlen uns zu Dingen hingezogen, die immer gut zu uns waren – wie etwa Natur – und meiden umgekehrt Dinge, die uns schaden könnten.“ Laut Ellard lassen unsere Arbeitsplätze viel von dem vermissen, was unsere Leistungsfähigkeit unterstützen könnte. In fast jedem Open Space finden sich Arrangements, wo Menschen mit ungeschütztem Rücken zur Laufzone sitzen oder keinen Überblick nach vorn gewinnen können, was unser evolutionäres Gedächtnis, – das vor Millionen Jahren festgelegt hat, was gut oder gefährlich für uns ist, –unterschwelligem Stress aussetzt. Solche Arbeitsplätze zeigen, dass es nicht um die Performanz des Individuums, sondern primär um Flächeneffizienz geht. Beides wird nun nach Corona neu vermessen, wobei diejenigen, die sich wegen der Homeoffice-Zunahme noch mehr Flächeneinsparung erhoffen, künftig mit anspruchsvolleren Nutzer*innen rechnen dürften.
Das Büro als performanter Wirkungsraum
Der Weg ins Büro muss sich künftig lohnen. Nachdem in zahlreichen Studien bekräftigt wurde, dass sich Arbeit zuhause vielfach effizienter als im Büro erledigen ließ, ist absehbar, dass sich mit der gewonnenen Flexibilität des Arbeitsortes auch eine neue und nutzer*innenzentrierte Erwartungshaltung formuliert, die stärker nach der eigenen Performanz in der Büroumgebung fragt. „Wir haben die Verantwortung, Räume zu realisieren, die eine Wirkung erzielen, – keine, die bloß gefallen,“ meint Jöri Engel und steht als CEO von Swisscom Immobilien mit dieser Nutzerzentrierten Haltung in der Immobilienbranche noch recht allein auf weiter Flur, da Flexibilität hier immer noch zum eigenen bzw. Bauherr*innenvorteil und weniger als Mieter*innen- bzw. Endnutzer*innen-Vorteil verstanden wird. Doch genau um Letztere geht es, wenn Engel überlegt: „Vielleicht lohnt es sich ja teurer zu bauen, wenn sich die Nutzungseffizienz um 10% steigern lässt?“
Die neue Intelligenz der Arbeitswelt
Zwei entscheidende Entwicklungen könnten unsere heutige Bürowelt – die immer noch Kind der Maschinenwelt ist – in eine produktiv-humane Arbeitswelt verwandeln: die künstliche intelligente Vernetzung samt Erkennung, Sensorik und Anpassungsfähigkeit auf der einen Seite und das Wissen um unsere menschlichen biophysikalischen und sensorisch-kognitiven Wechselwirkungen auf der anderen. Bisher haben Büroumgebungen Arbeitsteilung und Abläufe organisiert. Doch das übernehmen zunehmend smarte Systeme – nicht nur im Büro, sondern in der gesamten Lebenswelt. Die zur Arbeit nötigen Informationen, Köpfe und Analysen sind dann überall verfügbar, zoom-bar und sogar individuell adaptierbar. Von diesem Fortschritt wird auch die Arbeitswelt profitieren, um auf individuelle Kompetenzen reagieren und Individuen besser befähigen zu können: hier bei der kreativen Ideenfindung, dort beim hochkonzentrierten Arbeiten. Avatare, Sprachsoftware, Dialogschnittstellen und Simultanübersetzungen werden dann Teammitglieder über Sprachen, Grenzen und Kulturen hinweg verbinden. AR-Einblendungen und Smart Assistants geben Anweisungen und warnen vor Handlungskonsequenzen. Als vertraute Kommunikationsmedien kennen sie unsere Wünsche und Kompetenzen besser als jede Führungskraft. Die Zeiten, da Wissensarbeiter nicht wissen, was sie individuell bei der jeweiligen Tätigkeitsausübung unterstützt, können wir also bald ad acta legen. Und wie sieht dann menschliche Arbeit aus?
Die Humanisierung der Arbeitswelt
Eine umgebende Systemintelligenz erlaubt uns von der Tastatur aufzustehen, AR Einblendungen auf der Kontaktlinse zu empfangen und beim Spaziergang zu verhandeln. Wenn Kommunikation verstanden wird, braucht der Mensch weder codieren noch übersetzen. Tastatur und Monitor müssen nicht länger den typischen Arbeitsplatz – und Bürogebäude definieren. Stattdessen sollten wir unsere typisch menschlichen Neigungen stärker in der gebauten Arbeitswelt finden und hier anwenden können. So etwa intuitive Bewegungen wie das Schlendern beim Telefonieren, kognitiv unterstützendes Verhalten – wenn schweifende Gedanken den weiten Ausblick suchen oder die Anwendung räumlich assoziativer Mnemotechniken, wie das gedankliche Abschreiten von Argumenten in einem imaginären Raum. Die sensorische Aufmerksamkeit, die alle Beteiligten unweigerlich beim Zusammentreffen an einem Ort erfahren, hat das Büro in seinen Potenzialen für den Arbeitserfolg bisher nur in der Vielfalt des Activity-based Working gestreift. Diese Angebote gilt es nun individuell adaptierfähig zu gestalten, das heißt mit den smarten Assistenzsystemen zu vernetzten und gestalterisch weiter auf unsere natürlichen, emotionalen und sensorischen Qualitäten zu beziehen. Gefragt ist eine Arbeitswelt, in der Menschen sich in ihrer Absicht aktiv unterstützt fühlen: um die Teamkolleg*innen besser kennenzulernen und mehr von ihnen lernen zu können, um bei der gemeinsamen Arbeit produktiver zu Ergebnissen zu kommen, um Raum zum konzentrierten Arbeiten zu finden – kurz um effektiver, erfahrungsreicher und sichtbarer ans Ziel zu gelangen als anderswo.
Birgit Gebhardt erforscht die Zukunft unserer Arbeitskultur und berät Unternehmen wie XING oder Swisscom Immobilien. Ihre Forschungsergebnisse publiziert der Industrieverband Büro- und Arbeitswelt (IBA e.V.). Ihr Metier lernte die Trendforscherin über 12 Jahre im Projektgeschäft des Trendbüros, das sie vor ihrer eigenen Gründung auch als Geschäftsführerin leitete. Ihre neue, vom Industrieverband Büro- und Arbeitswelt (IBA e.V.) herausgegebene New-Work-Oder-Studie trägt den Titel: ‚The Human Factor@Work’.
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